MEN&CHICKEN – komischer Irrsinns-Trip in dänischem Tempo

Düstere Vorahnungen beschleichen einen beim Namen Thanatos – so hiess nämlich der leibliche Vater von Elias und Gabriel, wie die beiden ungleichen Brüder nach dem Tod ihres Ziehvaters per skurriler Video-Botschaft erfahren. Also auf zur entlegenen dänischen Insel Ork, wo dieser Thanatos bald seinen 100sten Geburtstag feiern soll. Auf dem verfallenen Anwesen des Jubilars treiben sich jedoch ausser drei gewalttätiger Sonderlinge vor allem jede Menge Tiere herum – lebendig und ausgestopft. MEN&CHICKEN eben. Der Filmklipp auf facebook sagt alles.

adamsäpplerMEN&CHICKEN (oder, im Original MÆND&HØNS) ist einer der skurrilsten und gleichzeitig poetischsten Filme, die ich je gesehen habe. Wenn sich in ADAMS ÆBLER (zu sehen u.a. auf Netflix) die Bibel und die Edda kreuzen, dann stossen hier eine psychopathologisch durchdeklinierte Bibel und ein wahnsinnig gewordener Darwin frontal zusammen, und es scheppert ganz schön – nicht nur, wenn sich der unbeholfene, ständig sexuell erregte Elias (Mads Mikkelsen) zwecks Verteidigung seines Bruders (siehe oben) ein Nudelholz zwischen Schlabberhose und blanken Hintern schiebt, bevor er sich um seine (nicht ganz unproblematische) Familie kümmert. Verwandtschaft kann man sich eben nicht aussuchen.

mikkelsen_jensenEin Schuss Tim Burton mag neben vielen anderen Investoren auch Buena Vista bewogen haben, bei dieser Dänisch-Deutschen Koproduktion*) mitzuzahlen, aber den besonderen Stil des Films bestimmt das nordisch-gemächliche Tempo, das Autor und Regisseur Anders Thomas Jensen und sein Hauptdarsteller Mads Mikkelsen schon bei ADAMS ÄPFEL einsetzten. So hellauf gelacht habe ich noch selten, und gleichzeitig sah ich noch selten einen Film, der dermassen ruhig mit recht abgründigen Bildern umgeht. Alles stimmt, Kamera, Licht, Regie, Schnitt, die fantastische Musik, die Drehplätze – unter anderem in Potsdam – und der herrliche Cast – obwohl mir Mads Mikkelsen langsam wirklich unheimlich wird. Dass ausgerechnet mein Held aus VALHALLA RISING so einen Mr. Bean spielen kann, hätte ich mir zwar denken können – aber zu sehen, was der grosse Mads aus diesem Charakter macht, ist alleine schon den komischen Irrsinns-Trip durch diesen ganz besonderen Film wert. Unbedingt im Kino anschauen, Start ist in Deutschland und der Schweiz am 2. Juli 2015. Wer allerdings des Dänischen auch nur teilweise mächtig ist, sollte die Originalversion versuchen – spätestens, wenn dieses Meisterwerk auf DVD herauskommt.

*) “MEN & CHICKEN wurde von M&M Productions produziert. Co-Produzenten sind Studio Babelsberg und DCM. Gedreht wurde in Dänemark und in Deutschland, unter anderem etwa im Refugium Beelitz”, heisst es in den Presseunterlagen

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