Alpinale-Einhörner sind vergeben

Die 30. Alpinale ist vorbei, die Goldenen Einhörner sind vergeben: Von 700 Filmeinreichungen aus 51 Ländern liefen 30 Filme im Wettbewerb, fünf davon wurden ausgezeichnet, zwei lobend erwähnt.

FOREVER OVER von Erik Schmitt erhielt gleich zwei Einhörner: den Publikumspreis und den Preis der Jury (ein Einhorn vom vergangenen Jahr hat Schmitt ja schon). In der Kategorie “Animation” siegte UNDER_CONSTRUCTION, die Kategorie “Hochschule” entschied VON FALTBOOTEN UND HERINGEN für sich und als bester Kurzfilm “International wurde ANOMALO prämiert. Von den Vorarlberger Kurzfilmen (Kategorie “V-Shorts”) holte sich Jakob Kasimir mit WELCOME TO CANDYLAND ein Goldenes Einhorn.

Die Jury*) diskutierte übrigens bis 3 Uhr früh darüber, wer die Fabeltiere erhält – kein Wunder bei 5 Köpfen aus der Filmwelt und der Aufgabe, aus 30 Filmen die besten herauszupicken. Ich merke es ja schon in mir selber, wie schwer es ist, Filme zu bewerten. Zum Beispiel, wenn Ratio und/oder Emotio hochkochen, wenn mir wunderschöne Bilder eine lausige Geschichte verkaufen wollen oder wenn wehtut, was ich zu sehen oder zu hören bekomme. Oder wenn ich mich nach dem Anschauen lausig fühle, mir der Streifen aber einfach nicht mehr aus dem Kopf will. Dann frage ich mich: Was wollte mir der Film sagen, was ich vielleicht (noch) nicht zu hören bereit war? Schreib’ ich jetzt über den oder nicht? Verreissen tu’ ich nicht gerne, denn ich gebe den Platz im Blog lieber etwas, das Lob verdient hat. Andersherum: Ich rechtfertige nicht gerne einen Verriss, denn begründen muss ich ja schon, warum ich etwas nicht gut finde. So wie ich begründe, was gut war. In meinen Augen. Bin ich froh, dass ich mich nur mit mir selber abstimmen muss. Das ist schon schwer genug.

Die Jury musste übrigens auch begründen, wie sie zu ihren Entscheidungen kam:

FOREVER OVER schafft hohe Identifikation, spielt mit Klischees … eine feine Inszenierung, in der alle Departments zum Gelingen beitragen.

ANÓMALO beerbt das “Fenster zum Hof” … jeder visuelle Effekt dient der Erzählung auf perfekte Art und Weise … die Dynamik der Geschichte wird bis zum abschliessenden Feuerwerk aufrecht erhalten.

UNDER_CONSTRUCTION ist ein in sich schlüssiges Kunstwerk … verbindet unterschiedliche Trickfilmtechniken auf stringente Art … visuell überzeugend, poetischer Soundtrack.

WELCOME TO CANDYLAND ist ein Aufruf, sich niemals aufgezwungenen Bildern zu unterwerfen … Kunst ist in der Lage, heftig kontroversielle Anschauungen in eine Form zu bringen, die in und durch sich selbst verstörend agiert.

VON FALTBOOTEN UND HERINGEN  ist ein sehr genau konstruierter Film, der die Absurdität der menschlichen Natur in der Natur zeigt … Form und Inhalt passen perfekt zusammen: Mit dem Aufbrechen der Regeln der Erzählstruktur gelingt es der Regisseurin, uns einen Blick auf das Wesen des menschlichen Verhaltens zu geben. Der Film ist wie eine kurze Symphonie mit großartigem Rhythmus, bei der alle Noten genau zur richtigen Zeit mit genau den richtigen Instrumenten gespielt werden.

“Aufbrechen der Erzählstruktur”? Ich persönlich hatte mir – etwas kürzer (und prosaischer) – zum letztgenannten Film notiert: “Zu lange; witzig, aber sinnlos” .. na gut, vielleicht war es ja nur spät und ich war müde 🙂

*) Die Jury: Videokünstlerin Liv Settergren (Dänemark), Regisseur Stéphane Bubel (Frankreich), Filmexperte Olivier Fournout (Frankreich), Autor, Schauspieler und Regisseur Wolfgang Rupert Muhr (Österreich), Trickfilmerin Veronika Schubert (Österreich)

 

 

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